Das Christkindlein

Das Christkindlein
Es ist wunderbar, wie unser Herrgott manchmal einem Menschen eine Todesahnung ins Herz gibt und hernach sie wirklich in Erfüllung gehen lässt.
Seit dem Jahre 1573 haben die Eschauer ihren Gottesacker, der ursprünglich die Kirche umgab, von da hinweg und hinaus vor das Dorf auf den Berg verlegt. Warum sie`s getan, - ob der bisherige Gottesacker zu klein geworden, oder ob man schon vor dreihundert Jahren es für ungesund gehalten, den Gottesacker im Ort zu haben, oder ob sie vielleicht gemeint, da draußen auf dem Berg - neben dem stillen, schweigenden Wald, von dessen Höhen alljährlich im Frühling ein Wasserstrom ins Tal herabrauscht, zu verkünden, dass droben der Schnee schmilzt und der Winter bald aus ist, - sei der Ruheplatz besser gewählt für die, welche des großen Ostermorgens und ewigen Frühlings harren, als unter den Gassen des Dorfes, oder ob sie den trauernden Hinterbliebenen eine Andeutung geben wollten, die Toten seien dem Himmel bereits näher, als die Lebenden, oder ob sie irgend einen andern Grund hatten, - wer will das heutzutage noch fragen? - seit aber der Gottesacker auf dem Berg vor dem Dorfe ist, geht der Totenweg durch die sogenannte "Vorstadt", am Ende derselben den Berg hinan, dann aufwärts unter den Birn - und Apfelbäumen hin durch das altersgraue Tor des Gottesackers zum Grabe, - wo des Totenweges Ziel ist. Durch die sogenannte "Vorstadt" nun ging am 11. Dezember des Jahres 1738 ein Mann, der manches Jahr jede Leiche das Geleite bis zum Gottesacker und den Segen des Herren mit ins Grab gegeben hatte, der Pfarrer des Dorfes, Georg Christoph Gerner.
Es war früh am Tage und die Leute schliefen noch, und als er den Weg hinabging in der ersten Morgendämmerung, muss ihm eingefallen sein, dass der Weg der "Totenweg" sei. Denn als er an das große hölzerne Hoftor kommt, das oberhalb des jetzigen Hirschwirtshauses ist, steht er mit einem Male still, sieht sorgsam sich um, ob niemand ihn bemerkt, zieht dann ein Stückchen Kreide aus der Tasche und fängt an, ans Tor zu schreiben. Als er geschrieben, geht er seines Weges weiter, wie er meint, gesehen von keinem.
Aber der Meister Schuster gegenüber war just aufgestanden und hatte die Scheiben gewischt und durchs Fenster hindurch den Pfarrer stehen und schreiben gesehen, und als dieser das Brücklein über den Bach überschritten hat und nicht mehr zu sehen ist, geht der Schuster aus seinem Hause herüber ans Tor, zu sehen, was sein Pfarrer dahin geschrieben. Da liest er in großen Buchstaben:
"Hier trägt man die Toten vorbei,
Wer weiß, wer zunächst an der Reihe sei?"
Das wusste nun freilich in dem Augenblick der Schuster auch nicht, - nach fünf Tagen aber, nämlich am 16. Dezember, wusste er`s. Die Worte standen noch am Tor, lesbar für jedermann, und vorbei - trug man den, welcher sie geschrieben.
Es war der alte Pfarrer schnell und unvermutet an einem Schlaganfall verschieden und war ihm nur noch so viel Zeit noch geblieben, Weib und Kinder zu segnen, seinen Leichentext zu wählen und das Mahl seines Erlösers von einem schnell herbeigerufenen Amtsbruder sich reichen zu lassen, dann war "die Reihe an ihn gekommen," sich hinaustragen und in sein enges Haus auf dem Gottesacker zur Ruhe legen zu lassen, - ein müder Hirte unter seiner schlafenden Herde.
Er hält seinen Christtag im Himmel, sagte ein Bauersmann auf dem Heimweg vom Gottesacker zu der Pfarrerin und ihrem Häuflein Kinder, um ihnen einen Trost zu geben, es war ein gottesfürchtiger, lieber Herr! Gott tröste ihn! - Er wird leuchten, wie des Himmels Glanz, sagte der alte Präzeptor, denn er hat viele zur Gerechtigkeit gewiesen.
`s ist ihm wohl, sagte eine Nachbarsfrau, aber der Pfarrerin und ihren Kinder war`s nicht wohl, und dem kleinen Andres, obwohl er nicht zu der Pfarrersfamilie gehörte, und dem Vetter Weigand in Michelstadt - auch nicht, als er die Todesnachricht empfangen hatte.
Der Andres nämlich war voriges Jahr um diese Zeit auf einer Bettelfahrt mit seiner Mutter ins Dorf gekommen, und seine Mutter war krank und im Hirtenhause gestorben gerade am heiligen Abend, und als ein paar Stunden hernach im Pfarrhause die Christbescherung anging, wartete die Pfarrerin voller Neugierde auf ihr "Christkindlein", - denn der selige Pfarrer hatte ihr was ganz Besonderes versprochen. Und als nun der Pfarrer und die Pfarrerin und der alte Präzeptor und die Kinder und der Knecht und die Magd gesungen hatten: Vom Himmel hoch da komm ich her! Und zur Türe der Weihnachtsbaum mit den Honigkuchen und Äpfeln und vergoldeten Nüssen hereingebracht wurde, kam hinter dem Weihnachtsbaum der kleine Andres daher, und der Pfarrer nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu seiner Ehehälfte und sagte: Das ist dein Christkindlein! Und als die Pfarrerin einen Schrecken bekommen und große Augen machen wollte, sagte er: Wir haben zu lange schon gebetet: Komm, Herr Jesu, sei unser Gast, um, wenn er kommen wollte, ihm die Türe zu weisen, und heute würden wir es wohl am allerwenigsten tun; hier aber kommt er, denn er spricht: Wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf! -
Darauf gab sich die Pfarrerin zufrieden, wusch, säuberte und kleidete den kleinen Andres, und am Tische, wo die acht eigenen Kinder saßen, war gerade noch ein Platz für das neunte übrig, das Christkindlein, und manch frommes, gutes Wort fiel auch noch ab für das verwahrloste, hergelaufene Bettelbübchen, und so war das Kind im Hause geblieben, und war ihm wohl gewesen.
Aber jetzt? - Jetzt war der gute Pfarrer tot, und seine ganze Hinterlassenschaft waren gewesen viele große Bücher und viele kleine Kinder, und der Schwiegervater hatte gemeint, seiner Tochter, der Pfarrerin, und ihrer Kinder wolle er sich wohl nach Kräften annehmen, das fremde Kind aber müsse nun anderwärts nach barmherzigen Menschen suchen, und auf den Weg könne er ihm nichts mitgeben, als ein "helf dir Gott!" Und im Grund wär`s eigentlich besser gewesen, wenn der Pfarrer schon damals mit dem Kind es so gehalten, als dessen Mutter gestorben, da wäre es doch nicht der guten Tage gewohnt worden und müsste nicht erst wieder lernen, Bettelbrot zu essen, - denn das sei leichter vergessen als wieder gelernt. - Der Andres hatte den Bescheid mit angehört, als sie seinen Pflegevater eben aufs Stroh gelegt hatten und der Schwiegervater gekommen war, die Hinterbliebenen zu trösten, und darum war`s ihm nicht wohl, sondern gar eng und weh und weich ums Herz.
Der Vetter Weigand in Michelstadt war auch sehr traurig, aber aus einem andern Grund. Am heiligen Abend vor dem Christtag des verflossenen Jahres hatte er von dem seligen Pfarrer Gerner einen schönen Brief bekommen, und als er jetzt die Todesnachricht erhielt, suchte er den Brief hervor und las ihn wieder. Er lautete:
Eschau, am Tag vor dem heiligen Christfest 1737
Insonderheit geliebter Herr Vetter!
Wie seit dem Ableben unserer alten Base Haagin ein Streithandel sich zwischen uns erhoben und selbiger durch hoher Obrigkeit Spruch für mich einen guten Ausgang gewonnen, desgleichen wie seitdem Hass und Misstrauen viel mehr denn brüderliche Liebe und Treue zwischen uns beiden bestanden, ist Ihm wohl kund und bewusst, gleichwie auch mir.
Sei Ihm nun aber auch das kund und zu wissen, wie heute vor 1737 Jahren der Herr Christus ist geboren worden, ein Seligmacher für Ihn und für mich, und dass die lieben Engelein, so damals auch auf die Erde kommen, nicht der Meinung gewesen, als ob Er und ich, des Herrn Erlöste, mit einander hadern sollten und Streithändel einander nachtragen, sondern sie haben gesungen: Fried auf Erden! Lieber, lass nicht länger Zank sein zwischen mir und dir, denn wir sind Gebrüder, - Gebrüder in Christo Jesu! Es wird uns nicht fein anstehen, wenn wir heute oder morgen dem Herrn ein Loblied singen, der uns geliebt und zu uns gekommen ist, da wir seine Feinde waren, und wollen doch einander nicht von Herzen lieben und vergeben, gleichwie Er uns geliebt und vergeben hat. Wir wissen auch nicht, ob nicht etwa der Heiland in dem kommenden Jahre den einen oder den andern gehen heißt aus diesem Jammertal, und wo wir alsdann einen seligen Gang zu tun vermeiden, so wissen wir, dass wir danach zusammen sein und mit lautem Schalle aus Einem Munde Ihn loben werden. Aber so wir`s nicht jetzt schon tun wollen, wird der Herr einst unser Loblied auch nicht mögen. Bitt also Ihn, Herr Vetter, herzlich um Vergebung über alles, so ich wissentlich oder unwissentlich gegen Ihn gefehlt in Werken, Worten und Gedanken, um Des willen, der heute geboren ist, ein Friedefürst. Ist jemals ein arger Gedanke und falsche Ader in mir gewesen, so weiß ich`s nicht; dass jetzt dem nicht so ist, ist Gott bekannt, versehe mich`s also in christlicher Lieb und Treue, dass Er mein Bitten nicht versagen, sondern freundliche

Erwiderung tun wird.
Grüß Er mir auch sein liebes Söhnlein Christoph.
Der getreue Gott wolle Ihm diesen Seiner Augen Trost und Freude gnädiglich erhalten und ein fein, fromm und verständig Kind aus ihm machen, dass er zunehme, wie an Weisheit, so an Gnade bei Gott und den Menschen. Verbleibe also mit Erbietung aller freundlichen Dienste

Sein getreuer Vetter
M.Georg Christoph Gerner.

Die Augen wurden ihm nass, als er das Brieflein las. - Ach, voriges Jahr, als er den Brief empfing, waren sie ihm nicht nass geworden. Damals lebte noch sein Christoph, sein einziges Kind, das der Pfarrer so freundlich hatte grüßen lassen und statt 12000 Gulden hatte der Christoph nur 11000 zu erwarten, seit der Pfarrer den Prozess ihm abgewonnen, und das hatte er diesem nicht vergeben können und hatte seinen Brief ihm ohne Erwiderung gelassen. Vor neun Monaten aber, in der Blatternzeit, hatte der Tod einen Gang durchs Land gemacht und einmal recht notwendig gehabt, zumal im Odenwald, und in vielen Häusern eine Bestellung ausgerichtet, und im Haus des Vetters Weigand hatte er auch an die große Türe geklopft, und sechs Tage und sechs Nächte lang hatten sie den kleinen Christoph gepflegt und bewacht, aber am siebten Tage hatte er fortgemusst mit dem finsteren Boten trotz Jammern, Händeringen und Beten. Seitdem war des Vetters Herz sehr weich geworden, - und die harten Taler lagen ihm jetzt nicht halb so sehr mehr an als ehedem, und dass er je einen Streit gehabt darüber mit dem alten Pfarrer war ihm leid, und dass er die Hand, die dieser, sein alter Freund, ihm dargereicht, Frieden zu schließen, nicht mit beiden Händen ergriffen, und dass es jetzt zu spät dafür war, das wollte ihm schier das Herz abdrücken.
Wie es nun am 24. Dezember ein gar so heller und schöner Tag ist, und die Luft so frisch und der Weg so hart gefroren, denk er : Ich will einen Gang hinüber nach Eschau tun ins Trauerhaus; dann werden die Leute sagen: Der Vetter will wieder Freundschaft halten mit ihnen, und der verlassenen Frau und den verwaisten Kindern wird`s wohl tun. - Nachdem er den blautuchenen Rock sauber gebürstet und den Dreiecker aufgesetzt und den langen Stab in die Hand genommen, macht er sich auf den Weg, und als er durch die Tannen gekommen und am Neuhof stand und das Dorf mit dem geschieferten Kirchturm vor ihm lag, war`s noch heller Tag. Er sah das Pfarrhaus, wie es sich hoch aus dem blätterlosen Hag emporhob, - manch gute Stunde hatte er dort genossen, als er mit dem Pfarrer noch gut Freund gewesen, - er sah den Gottesacker drüben auf dem Berge unter dem Walde liegen mit der grauen Mauer und dem alten einsamen Torhäuschen, - dort lag ein Mann begraben unter der kalten Erde, der gern im Frieden von ihm geschieden, aber er hat nicht getan nach dem Wort: Sei willfähig deinem Widersacher bald, dieweil du noch mit ihm auf dem Wege bist!
Wie er so dasteht in Gedanken, hört er einen Schritt nahen; ein Büblein kommt den Pfad herauf, ein Bündlein in der Hand, und scheint ihn nicht zu bemerken, - denn es bleibt von Zeit zu Zeit stehen und schaut auf das Dorf zurück, und wenn es dann wieder zum Weitergehen sich anschickt, fährt`s mit dem Ärmel über die Augen und weint jedes Mal bitterlich.

Wohin, Büblein, sagte der Vetter, wem stehst du zu und warum weinst du so? - Das Büblein erschrickt, als er mit einem Male angerufen wird; wie es aber den Fragenden angesehen hat, fasst sich`s wieder und spricht: Ich bin der Andres! Warum ich so weine, das weiß ich, wem ich aber zustehe und wohin ich gehe, - das weiß ich nicht. Heute ist`s gerade ein Jahr, da hat mich der Pfarrer da drunten in sein Haus aufgenommen als ein armes Bettelkind. In der vorigen Woche ist er gestorben, und heute bin ich wieder ein Bettelkind. Die Bissen sind schmal geworden im Pfarrhaus, die Frau hat selbst Kinder genug und kann mich nicht mehr behalten, - so bin ich heute fortgegangen. Es ist mir wehe geschehen und ihnen auch, als sie mir das Bündlein schnürten, - aber es konnte nicht anders sein, und nun geht mein Weg in die weite Welt. Seht, darum möchte ich mir die Augen aus dem Kopf weinen!
So, so, sagte der Vetter, der verstorbene Pfarrer hat dich angenommen gehabt, und bist bei ihm gewesen ein ganzes Jahr?
Ja, der verstorbene Pfarrer! - Und hat mich gar so lieb gehabt, und wenn die andern mich das Bettelkind heißen wollten, hat er mich sein Christkindlein genannt, weil mich der liebe Heiland ihm am Abend vor Christtag beschert hat. Jetzt ist das aber alles aus.
Das Büblein wischte wieder die Augen und wollte weiter, - der Vetter hatte sich auf seinen Stab gestützt und sah vor sich hin und sagte wie in Gedanken: Hm, hm!
Unten im Dorf schlug`s vier Uhr, und eben begannen sie das Fest einzuläuten. Die große Glocke schlug an mit ihrem tiefen Ton, und dem Vetter war es, als ob jeder der schweren Schläge ihm ans Herz schlüge, - er musste hinaufsehen auf den Gottesacker, und wieder wurden ihm die Augen nass. Dann begann die mittlere Glocke und setzte das Geläute fort mit helleren und rascheren Tönen, - des Vetters Auge fiel auf den kleinen Andres, der bei dem Läuten den Hut abgezogen und die Hände zusammengelegt hatte, zu beten, - der Vetter fing an, etwas zu merken! Und als endlich die drei Glocken mit einander angezogen wurden, und ihr dreifacher Klang so schön und harmonisch, so hehr und so ernst und doch auch so lieblich und wohltuend heraufdrang, da war ihm ein Licht aufgegangen, - es kam ihm vor, als stünde der alte Pfarrer da und schaute dem Büblein nach, wie es in die weite Welt zog, und dann sei der Heiland auch da, dessen Geburtsfest eingeläutet ward, und hielt das Büblein bei der Hand, ihm einen Pflegevater suchen zu helfen, und spräche zu ihm, dem Vetter: Jetzt sollst du es nehmen! Und dann schauten alle drei, der Heiland, der Pfarrer und das Büblein ihn an, was er sagen werde. Ja oder Nein?
Geh wieder mit mir, Andres, hinunter ins Dorf, sagte er mit weicher Stimme. Der Knabe sah ihn fragen an, als er aber wiederholte: Komm nur, komm mit, ließ er`s sich nicht zweimal sagen, sondern ging hinter dem Vetter her, als ob`s so sein müsste.
Im Pfarrhause bedurfte es nur weniger Worte, um den Vetter Weigand einen herzlichen Willkomm zu bereiten, - bis dass das Licht in die Stube gebracht wurde, und der Vetter sprach: Hier bring ich euch euer Christkindlein wieder! Die kleinen Kinder zwar jubelten hell auf, aber die Pfarrerin sah ihn ernst und unruhig an. - Ich weiß alles, sagte der Vetter, Ihr habt Euch euren Gotteslohn an dem Knaben schon verdient, ich aber möchte`s auch, so will ich für das Kind sorgen von nun an, und Geld und gute Worte nicht sparen, dass der Vogel wieder sein Haus finde und die Schwalbe ihr Nest.
Da ging ein freundliches Lächeln über die trüben, kummervollen Züge der Pfarrerin und sie sprach. Gott lohn`s Euch, Vetter! Das Büblein ist uns sehr lieb geworden, und mein seliger Mann wird`s Euch im Himmel danken: Er hat sich noch im Sterben gesorgt um seinetwillen!
Das ist das erste Zeichen, daran Ihr erkennet, wie an dem seligen Pfarrer der Herr das Wort wahr machen will: Das Andenken der Gerechten bleibet im Segen! Sagte der alte Präzeptor, der wohlmeinend auch zu diesem Christabend sich eingefunden. Ihr werdet`s noch öfter erfahren, - auch an Euern eigenen Kindern!
Er hatte recht! - Des Pfarrers hinterlassene Kinder wuchsen heran und gerieten alle wohl, und wo sie eines Freundes bedurften, ward er gefunden, und wo Not kam, stellte die Hilfe sich auch ein, und die Töchter wurden wackere Frauen und die Söhne tüchtige Männer, und alle waren zu einer ehrlichen Versorgung und zu einem guten Brote gekommen, ehe die Pfarrerin selber noch recht wusste, wie es eigentlich zugegangen. Der Vetter fragte häufig nach seinem Pflegekind, und man hörte, dass er unter der Hand bald da bald dort einen Acker aufkaufte, wie grad einer feil wurde. Endlich hatte er ein ganzes Gütlein zusammengebracht, das seinen Mann nähren konnte, und als er starb, schenkte er`s dem Andres, der unter der Zeit auch herangewachsen war. Der Andres hat auf das Gut geheiratet, seine Familie ist aber heutzutage ausgestorben. Seitdem ist das Gut wieder zerteilt und ackerweise an vielerlei Herren gekommen, aber bis auf den heutigen Tag heißen noch die einzelnen Äcker, die das Gut damals bildeten und durch die ganze Gemarkung hin zerstreut liegen - die Weigandsäcker!

Autor: Karl Heinrich Caspari

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